Vergesellschaftung

Da ich immer wieder gefragt werde, wie eine Vergesellschaftung von Kaninchen laufen sollte,  möchte ich hier einige Tipps dazu geben.
Es gibt unterschiedliche Ansätze, die zum Erfolg führen können. Ich habe im Laufe der Jahre einige Erfahrungen dazu sammeln dürfen, die ich hier aufschreiben möchte. Wenn ich ältere Kaninchen abgebe, dann immer mit den Hinweis "wenn es gar nicht mit der Vergesellschaftung funktioniert,  dann nehme ich das Tier wieder zurück" -aber bis jetzt habe ich noch nie ein Tier zurück bekommen ;)

Das erste Treffen von zwei oder mehreren Kaninchen, die sich noch nicht kennen, sollte auf neutralem Boden stattfinden. Das heißt, wenn ein Kaninchen schon Zuhause im altbekannten Stall sitzt, sollte man auf keinen Fall das neue Kaninchen einfach in den Stall dazu setzen! Da Kaninchen Revierbezogen sind, wird das alteingesessene Kaninchen sein Revier gegen den "Neuen" verteidigen- eine Denkbar schlechte Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Vergesellschaftung!
Im Garten kann der neutrale Ort z.B. einfach durch das Umstellen des Freilaufs geschaffen werden. Man kann natürlich auch einfach eine Ecke von der Autogarage, dem Gartenhaus etc. absperren, ebenso geht ein leerer Raum/Flur im Haus. Falls das nicht möglich ist, kann man auch einen großen Karton verwenden.


Die Kaninchen sollten für mehrere Stunden auf dem neutralen Boden die Möglichkeit haben sich kennen zu lernen und zu beschnuppern. Die erste halbe Stunde sollte man die Kaninchen beobachten, damit man eingreifen kann, falls die erste Begegnung aggressiv verlaufen sollte.
Wenn die erste halbe Stunde bis Stunde friedlich verläuft, ist das schon ein positives Zeichen und man kann die Kaninchen kurz aus den Augen lassen. In dieser Zeit sollten der Stall/ das Gehege gereinigt werden und wenn Möglich die Einrichtung etwas umgestellt werden. Desinfizieren oder mit Essigwasser aussprühen kann dabei helfen den Geruch des "alten" Kaninchens zu vertuschen und die Vergesellschaftung etwas unterstützen. Man kann auch den Eigengeruch der Kaninchen etwas  übertünchen, indem man sie mit etwas Babypuder einstäubt.


Wie schon erwähnt, die erste Begegnung ist sehr wichtig und meiner Meinung nach kann man schon erahnen, wie die weitere Vergesellschaftung verlaufen wird.

Es gibt verschiedene Szenarien, wie das Ganze ablaufen kann. So verschieden die Charaktere von Kaninchen sind, so vielfältig sind auch die Möglichkeiten, wie zwei sich fremde Tiere bei der ersten Begegnung verhalten können. Bei einigen Kaninchen kann man auf den ersten Blick sehen, wer dominanter ist und der Rangobere sein wird.
Oftmals sind es Häsinnen, die erstmal in die Offensive gehen und versuchen den Rammler zu dominieren. Wenn zwei dominante Tiere aufeinander treffen, dann jagen sie sich oft im Kreis und versuchen sich gegenseitig zu rammeln. Es gibt auch Tiere, die erstmal sehr eingeschüchtert vom neuen Gegenüber sind und darauf setzen, sich unsichtbar zu machen. Sie sitzen oft ganz ruhig in einer Ecke und sind wie erstarrt. Aber auch bei solchen Kandidaten siegt irgendwann die Neugier und sie gehen dann doch ganz langsam und heimlich mal schnuppern.
Am Anfang fliegt oftmals Fell, das ist aber kein Grund zur Besorgnis und gehört zu einer Vergesellschaftung dazu. Die Vergesellschaftung ist nicht nach ein paar Stunden abgeschlossen, sondern dauert in den meisten Fällen Tage, manchmal sogar Wochen. Die Tiere klären in dieser Zeit die Rangordung, es kann Tagelang ruhig sein und auf einmal geht der Kampf um die Rangordung in eine neue Runde. Solange die Tiere sich nicht ernsthaft verletzen, ist alles im grünen Bereich. Manchmal ist es für die Besitzer  schwierig mit anzusehen, wenn sich die Tiere jagen und berammeln, aber jede Trennung lässt die Vergesellschaftung wieder von Neuem beginnen, auch eine gut gemeinte Pause von ein paar Stunden über Nacht wirft die Tiere wieder zurück und der Stress  geht von vorne los.

 

Bei der Wahl eines neuen Partnertieres ist darauf zu achten, dass die Tiere von Charakter her zusammen passen und auch das Alter sollte im Auge behalten werden.
Jungtiere sollten mindestens 16 Wochen alt sein, um sie mit ausgewachsenen Tieren zu vergesellschaften. Vorher haben Jungtiere noch eine sehr dünne Haut und können bei Rangkämpfen leicht durch Zähne oder Krallen Verletzungen davon tragen. Auch sollte der Altersabstand nicht all zu groß sein, da ältere Kaninchen mehr Ruhe brauchen und junge Kaninchen entdeckungsfreudig  und sehr aktiv sind, wodurch sich ein älteres Tier gestresst fühlen kann. 
Bei der Wahl des Geschlechts gibt es ebenfalls einige Dinge zu beachten. Davon, zwei Häsinnen miteinander zu vergesellschaften, rate ich Grundsätzlich ab, da zwei Häsinnen sich meistens auf Dauer nicht verstehen.
Zwei Rammler miteinander zu vergesellschaften ist im Nachhinein nicht immer umsetzbar. Wenn zwei Rammler sich von Klein auf kennen und früh kastriert wurden, dann verstehen sie sich im Normalfall ohne Probleme. Aber zu einen schon vorhandenen, ausgewachsenen Kastraten einen zweiten dazu zu setzen, kann unter Umständen zu Auseinandersetzungen zwischen den Tieren führen. Bei einem frühkastrierten Rammler kann man versuchen ihn mit einem zweiten, jüngeren Frühkastraten zu vergesellschaften. Bei einem Spätkastraten rate ich davon ab, da ein Spätkastrat weiß, was es heißt ein Rammler zu sein und mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen zweiten Rammler an seiner Seite akzeptieren wird! Die einfachere und für alle Beteiligten entspanntere Variante ist zu einen vorhandenen Kastraten eine nette, charakterlich passende Häsin zu suchen!

 

Wenn diese Punkte beachtet werden und den Kaninchen die nötige Zeit gegeben wird, dann ist das eine gute Grundvoraussetzung zum Gelingen der Vergesellschaftung. Man kann nicht erwarten, dass sich die Tiere schon am nächsten Tag gegenseitig putzen, die Kaninchen müssen sich auch erst mal kennen lernen, aneinander gewöhnen und miteinander arrangieren. 
Ich vergleiche es immer gerne damit, wenn man selbst eine fremde Person vorgesetzt bekommt. Wir selbst sind mit Fremden ja auch nicht sofort total überschwänglich, sondern brauchen auch eine gewisse Zeit um uns kennen zu lernen und aneinander zu gewöhnen- und vielleicht entsteht daraus eine gute Freundschaft ;)

Ich bin immer bemüht, Interessenten bei  der Suche nach einem neuen Partnertier zu Unterstützen, Tipps zu geben und eine gute individuelle Lösung zu finden! Bei weiteren Fragen können sie sich gerne an mich wenden!